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Ach Du Scheiße - oder Jackpot?

  • Autorenbild: Horst
    Horst
  • 22. Juni 2022
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Aug. 2022

"Ach Du Scheiße"


Irgendwie ist es vollkommen surreal. Wenn ich von meiner Diagnose Parkinson erzähle ist der spontane Kommentar in der Regel: „Ach Du Scheiße“.


Die Wahrnehmung und die Erfahrungen von Freunden oder Bekannten sind erst einmal bedrückend. Eine positive oder milde Entwicklung wird fast ausgeschlossen. Erschrecken gibt der Empathie spontan wenig Raum. Eine Einbandstrasse ohne Wendemöglichkeit?


Ungläubig verbringe ich Stunden um Stunden im Internet: "Unreparabel, sich ständig verschlechtern, massive körperliche Einschränkungen, Zittern , Blockaden, reduzierte Sprachfähigkeiten, Verdauungsschwierigkeiten, Alpha Synuklein, L-Dopa, MAO Hemmer, COM T, Dopamin Antagonisten, Nebenwirkungen wie beispielsweise Erbrechen, Spielsucht, Sexsucht und noch vieles andere auf das man dankend verzichten möchte - mir brummt der Schädel.


Ich stürze mich in die Arbeit und stelle fest, dass auch hier eine Veränderung stattfindet. Ich bin fokussierter, habe einen anderen Blick auf die Dinge. Dies aber mit Amplituden, die ich vorher nicht gekannt habe. Mal rauf und mal runter ohne erkennbares System oder Auslöser.


Eins ist für mich von Anfang an vollkommen klar. Meine Selbstbestimmheit werde ich solange es irgendwie geht verteidigen und ich werde alles tun, was um die "Lufthoheit" zu behalten. Alles was ich selber gestalten kann, was mir gut tut und was für eine Verlangsamung, Verbesserung beitragen kann, das mache ich so konsequent, wie ich dazu die Kraft habe.


Oder Jackpot?


Und dann scheint es auch eine andere Seite der Medaille zu geben. Man stirbt nicht daran - es reduziert "in erster Linie" die Lebensqualität. Das Zauberwort ist durch richtige, gezielte Aktivitäten die Beweglichkeit zu fördern und langfristig zu stabilisieren. Und da fühle ich mich auf einmal in meiner Stärke - denn im Ausdauersport, insbesondere auf der Halbmarathonstrecke, war ich lange Zeit zu Hause und das mit viel Freude. Wenn Bewegung und Sport hilft dann habe ich reelle Chancen selber etwas "zu Bewegen".


Auf einer Radtour treffe ich durch Zufall mitten im Wald Mellie, die neurologische Erkrankungen in der Physiotherapie behandelt. Und Mellie stärkt in mir einen Blick auf Parkinson, der von Zuversicht geprägt ist. "Bei den möglichen neurologischen Krankheiten hast Du den Jackpot gezogen" war für mich eine veränderte Betrachtungsweise.


Parki Willkommen heißen


In meinem Leben und in meiner Arbeit als Trainer und Coach habe ich gelernt, dass man ungeliebte oder gehasste Eigenschaften nicht einfach "töten" kann. Sie verstärken sich dadurch vielmehr und werden kraftvoller, desto mehr sie bekämpft werden.


So denke ich ist auch mit einer Krankheit. In meiner "Sichtweise" bedeutet es, dass die Krankheit und ich eine Koexistenz benötigen, die beiden gerecht wird. Um besser miteinander zurechtzukommen habe ich erst einmal die Abstraktion aufgehoben, indem ich Parkinson den Namen PARKI gegeben habe. Ich betrachte PARKI als neuen Mitbewohner, den ich kennenlerne möchte. PARKI soll eine Umgebung finden und annehmen, dies es ihm ermöglicht sich auszuleben ohne zu großen Schaden anzurichten.


Und auf dieser Grundlage bewege ich mich nun in unserer Koexistenz.


 
 
 

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